Softwarewechsel im Hilfsmittelbetrieb | Teil 2 – Wie Sie herausfinden, ob es Zeit für einen Softwarewechsel ist!

6. Oktober 2023 4 min. Lesezeit

Softwarewechsel im Hilfsmittelbetrieb | Teil 2 – Wie Sie herausfinden, ob es Zeit für einen Softwarewechsel ist!

Sie haben sich für einen Softwarewechsel entschieden, weil Ihre bisherige Software nicht mehr ihren Ansprüchen genügt? Um jedoch nicht die berühmte „Katze-im-Sack“ zu kaufen, sollten Sie sich vorab im Klaren sein, welche Aspekte und Features für Sie besonders wichtig sind – welche Software-Funktionen oder Dienstleistungen sind für Ihre Unternehmensprozesse absolut ausschlaggebend? Denn: Je nach Betrieb können Faktoren unterschiedlich gewichtet sein. Wichtig ist, dass die Software zu Ihrem Betrieb und dem zukünftigen Businessplan passt. Auch die gesetzlichen Vorgaben müssen natürlich erfüllt sein.

Erste Anhaltspunkte und Anregungen, welche Software-Funktionen wichtig sind, liefert Ihnen die Branche selbst. Welche Funktionen allgemein von Ihren Kolleg:innen als relevant bewertet werden, können Sie z.B. dieser Marktbefragung entnehmen:  

Vergleichen Sie die Ergebnisse der Marktbefragung mit ihren eigenen Betriebsbedürfnissen – wie würden Sie die Wichtigkeit der o.g. Punkte platzieren? Gibt es Punkte, die Sie hinzufügen oder streichen würden?

Behalten Sie dabei jedoch auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Hinterkopf, denn durch das Buchen von weiteren Software-Modulen (abseits der grundlegenden Funktionen) kommen gegebenenfalls zusätzliche Kosten auf Sie zu. Hier lauern häufig versteckte Zusatzkosten. Achten Sie zudem auf die Laufzeiten eines Vertrags und mögliche versteckte automatische Verlängerungen.

Bei der Auswahl der Software sollten Sie zudem einige Serviceleistungen berücksichtigen:

  • Übernahme der wichtigen Daten aus dem alten ERP-System
  • Regelmäßige Softwareupdates
  • Betreuter Umstellungsprozess
  • Support
  • Modularer Softwareaufbau
  • Skalierbarkeit der Software
  • Serverhosting
  • Flexible Finanzierungsmodelle

Unterschätzen Sie die Relevanz dieser Servicepunkte nicht, denn eine Software muss nutzerfreundlich und regelmäßig auf dem neusten Stand sein – nicht zuletzt, um auch gesetzliche Vorgaben zu erfüllen! Beispiele dafür sind die Implementierung von GoBD-, MDR- und DSGVO-Richtlinien.

GoBD-Konformität

Die GoBD (kurz für „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“) besagt, dass Steuerprüfer das Recht haben, direkten Zugriff auf alle für die Auswertung notwendigen Daten zu fordern. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, empfiehlt es sich, die eigene Software mit einem entsprechenden Modul auszustatten, das die Ausgangsrechnungen zum Zeitpunkt des Ausdrucks parallel als PDF im Archiv abspeichert und eine anschließende Reproduktion direkt aus dem Archiv erlaubt.

Eine Software sollte daher folgende Funktionen in Bezug auf die GoBD-Vorgaben erfüllen:

  • Die Software unterstützt bei einer sicheren Archivierung entsprechend der Aufbewahrungsfrist.
  • Dateien werden im Original abgespeichert und können nicht verändert werden. Stammdatenänderungen haben somit keinen Einfluss auf bereits erzeugte Rechnungen.
  • Die Software verfügt über bestimmte Berechtigungseinstellungen und gewährleistet so, dass digital abgelegte Dokumente sowie damit verbundene Informationen nicht gelöscht werden können.
  • Belege wie E-Mails, Dokumente oder Ähnliches lassen sich direkt mit dem jeweiligen Vorgang verknüpfen.
  • Jeder einzelnen Buchung wird der buchungsbegründende Beleg unmittelbar zugeordnet.
  • Im Falle einer Steuerprüfung ermöglicht die Software der Finanzverwaltung den problemlosen Zugriff auf die Daten.
  • Alle Anpassungen und Änderungen, die an einer Datei vorgenommen wurden, werden vom System dokumentiert. Das unterstützt die Verfahrensdokumentation.
  • Alle Daten werden auf Servern in Deutschland gespeichert. Nur dann kann die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen gewährleistet werden.
  • Die Erfassung neuer Dokumente oder Vorgänge ist mobil und offline möglich. So werden Lücken in der Dokumentation effizient vermieden.
  • Mithilfe von standardisierten Softwareprozessen und Assistenzsystemen können Buchungen unkompliziert durchgeführt werden.
  • Die Software unterstützt mittels integrierter Funktionen und automatisch generierter Berichte unmittelbar bei der Betriebsprüfung.
  • Informationen sind, beispielsweise mittels Volltextsuche, jederzeit unkompliziert auffindbar.

MDR-Unterstützung

MDR ist eine europaweite Regelung zum Inverkehrbringen von Medizinprodukten. Als Basis dient das MPG (Medizinproduktegesetz) mit weitaus verstärkten Anforderungen an die Marktteilnehmer. Zu den Anforderungen zählen für Hersteller z. B. die Erstellung technischer Dokumentationen und die Erklärung einer Konformität Ihrer Produkte durch eine (EU-)Konformitätserklärung. Risikomanagement und Markt-Nachbeobachtung gehören ebenfalls dazu. Auch Händler spielen in der MDR eine wichtige Rolle. Sie unterstützen die Hersteller bei Ihren Aufgaben und müssen ebenso selbst wichtige Aufgaben ausführen. Diese Aufgaben sollte eine Software heute unbedingt unterstützen.

Implementierung der DSGVO

Die DSGVO („Datenschutz-Grundverordnung“), die seit 2018 in Europa gilt, sorgt für einen noch sensibleren und sicheren Umgang mit Daten. Entsprechend haben sich auch die gesetzlichen Vorgaben für EDV-Anwendungen geändert.  Welche Anforderungen müssen Software-Lösungen heute erfüllen?

  • Die Software erfüllt die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).
  • Der Nutzer einer Software muss sich eindeutig durch Eingabe eines Benutzernamens und Kennworts authentifizieren. Das Kennwort, welches alle 90 Tage geändert werden muss, ist mindestens acht, bei Datenbanken und Serverzugriffen zwölf Zeichen lang und kombiniert Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen.
  • Wenn Daten, wie zum Beispiel Adress-, Identifikations- oder Gesundheitsdaten angelegt, geändert, gesperrt oder gelöscht werden, wird dies von der Software detailliert mit Zeitpunkt und Benutzer dokumentiert. Die Änderungshistorie ist somit stets nachvollziehbar und transparent.
  • Plädiert ein Betroffener auf Löschung oder Sperrung seiner Daten, können
  • diese vollständig gelöscht werden. Inwiefern der Betroffene hierzu das Recht hat, wird vorher eingehend geprüft. Nach Datenlöschung wird automatisch ein entsprechender Nachweis generiert, der dem Betroffenen vorgelegt werden kann.
  • Datensparsamkeit: Die genutzte Software kommt mit möglichst wenigen
  • personenbezogenen Daten aus. Im Idealfall werden notwendige Daten während der Verarbeitung, zum Beispiel bei der Bestellung eines Hilfsmittels beim Hersteller, pseudonymisiert.
  • Bei der Datenweitergabe, beispielsweise im Online-Kundencenter oder
  • auch bei der Kommunikation via E-Mail, werden die Daten verschlüsselt.

Den Überblick behalten

Um herauszufinden, ob eine Software die richtige für Ihr Unternehmen ist, müssen Sie also Ihre betrieblichen Anforderungen, zukünftige Entwicklungen und gesetzliche Vorgaben im Blick haben.

Ob eine Software das mitbringt, was Sie benötigen, können Sie z.B. mithilfe einer Checkliste herausfinden. Durch eine Checkliste können Sie vergleichen, ob bzw. welche Software die für Sie relevanten Voraussetzungen erfüllt – einige mögliche Punkte haben wir für Sie bereits hier zusammengestellt:

  • Abrechnungsschnittstelle
  • Artikelstammdatenbank zentral
  • CRM-System integriert
  • Dokumentenmanagementsystem integriert
  • DSGVO-Konformität
  • eKV-Schnittstelle
  • elektronisches Bestellsystem
  • flexible Finanzierungsmodelle
  • GoBD-Konformität
  • Kassensystemanbindung
  • Migrationskonzept überzeugend
  • MDR-Konformität
  • modularer Softwareaufbau und Möglichkeit zur Erweiterung
  • Möglichkeit zur Homecare und Wunddokumentation
  • Option zur Prozessberatung
  • Schnittstellen zu E-Shop-Systemen
  • Schnittstelle zu Herstellermesssystemen
  • Server-Hosting-Angebot
  • Skalierbarkeit der Software
  • Softwareupdates (regelmäßig) sowie und Anpassung an Anforderungen
  • Statistikfunktionalitäten
  • Support umfangreich sowie persönlicher Kundenberater
  • TI-ready
  • Tourenplaner
  • Unterstützung bei Softwareinstallation und -schulungen
  • Vertragsmanager
  • Warenwirtschaft

Nachdem Sie sich vergewissert haben, dass die Software Ihrer Wahl alle benötigen Funktionen & Leistungen beinhaltet, steht als nächstes die Durchführung des Wechsels an. Was Sie dabei beachten sollten, erfahren Sie in Teil 3 der Themenreihe!

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Jannis Böhner verantwortet als Head of Business Consulting bei der opta data Gruppe die ganzheitliche Beratung von Leistungserbringern aus der Hilfsmittelbranche rund um das Thema Software und die egeko Produktwelt. In dieser Funktion ist er ausgewiesener Experte in der Prozessanalyse und bedarfsgerechten Lösungsfindung für Hilfsmittelanbieter und Medizintechnikbetriebe.